"Einfach trauen"
Caroline Frick macht derzeit ihre Lehrausbildung zur Elektrotechnikerin bei der Dorfelektriker Mittelberger GmbH in Götzis. Unterstützt wird die Ausbildung durch das AMS-Programm „Frauen in Handwerk und Technik (FiT)“.
Berufliche Vorurteile, überkommene Rollenbilder, aber auch fehlendes Interesse sind wesentliche Aspekte, warum sich trotz gesellschaftspolitischer wie betrieblicher Initiativen nicht mehr junge Frauen für eine Ausbildung in einem handwerklich-technischen Beruf entscheiden. „Wir würden gerne mehr Frauen einstellen“, erzählt Raphaela Beran, Lehrlingsbetreuung bei Dorfelektriker Mittelberger, „aber es ist gar nicht so leicht, geeignete Personen zu finden. So hatten wir dieses Jahr drei Bewerberinnen für unsere offenen Lehrstellen, die jedoch den Anforderungen nicht entsprachen.“
Derzeit bildet das Götzner Unternehmen 23 Lehrlinge aus, davon drei Frauen, zwei als Elektrotechnikerinnen, eine im Marketing. „Unsere Türen stehen offen“, erklärt Nadine Struger, Personalwesen bei Dorfelektriker Mittelberger, „egal ob männlich oder weiblich, wir wollen gute Lehrlinge, da auch wir uns schwertun, Fachkräfte zu gewinnen.“ Um Frauen für den elektrotechnischen Beruf zu begeistern, nutzt das Unternehmen verschieden Angebote. „Wir sind beispielsweise am Girls'Day des BIFO vertreten und haben einen guten Kontakt zur Direktorin der Mittelschule Götzis, die sich dafür einsetzt, mehr Mädchen in technische Berufe zu bekommen“, so Beran.
Nach Kindererziehung in die Lehre
Eine, die bereits ihren Weg zu Dorfelektriker Mittelberger gefunden hat, ist Caroline Frick. Die heute 35-Jährige ist im zweiten Jahr ihrer Lehre zur Elektrotechnikerin und endlich in ihrem Wunschberuf angekommen. „Mit 19 Jahren bin ich nach Vorarlberg gezogen“, erzählt die gebürtige Deutsche, „und habe mich mit unterschiedlichen Hilfstätigkeiten durchgeschlagen. Dann kamen meine beiden Kinder zur Welt und ich war acht Jahre zu Hause“. Nach der Kindererziehung stellte sich die Frage, wie es beruflich weitergehen sollte. „Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der alle mit der Elektrobranche zu tun hatten“, erinnert sich Frick, „daher habe ich mich schon früh für technische Berufe interessiert. Leider haben meine Eltern eine Karriere im Elektrobereich nicht unterstützt, sie wollten, dass ich einen anderen beruflichen Weg einschlage.“
Doch die Leidenschaft für die Technik hat sie nicht losgelassen, eine Ausbildung zu machen, das war weiterhin ihr großer Traum. „Ich wollte nicht für 1.400 Euro im Einzelhandel arbeiten oder eine sitzende Tätigkeit ausüben“, erzählt Frick, „so habe ich im Internet recherchiert, welche Möglichkeiten es gibt und bin auf die Webseite der Firma Dorfelektriker gestoßen.“ Gleich nahm sie Kontakt zum Unternehmen auf und hatte ein längeres Telefongespräch mit dem Geschäftsführer. „Zuerst wusste ich gar nicht, dass ich mit dem Chef spreche. Es war eine angenehme Unterhaltung und schnell war klar, dass ich bei Dorfelektriker mit meiner Lehre beginnen kann.“
Erfolgserlebnisse und Herausforderungen
In Vereinbarung mit dem AMS wird die Lehre über das Programm „Frauen in Handwerk und Technik (FiT)“ finanziell unterstützt, mit der Herausforderung, die Inhalten der regulären Lehrzeit von dreieinhalb Jahren in zweieinhalb Jahren unterzubringen. „Das ist ein straffes Programm und fordert eine hohe Lernbereitschaft, da heißt es sich dahinterklemmen“, weiß Beran. Doch für Caroline Frick kein Problem. „Mir macht die Arbeit so viel Spaß, das ist wie Urlaub für mich. Ich lerne gerne und sehe die Fortschritte, die ich mache, das motiviert.“
Erfolgserlebnisse gibt es auch im täglichen Kontakt mit den Kundinnen und Kunden. „Zuletzt waren wir bei einer älteren Dame, die seit 18 Jahren kein Licht über ihren Esstisch hat. Wir haben ihr das eingerichtet und sie hat vor Freude nur noch geweint.“ Neben den schönen Eindrücken gibt es aber auch Herausforderungen, die der Beruf mit sich bringt. „Was mich am meisten fordert, ist die körperliche Belastung, gerade im Umgang mit schwerem Elektrowerkzeug oder beim Einziehen großer Kabelstränge“, so Frick, „da merkt man schon die Unterschiede zwischen Männern und Frauen.“
Um auch hier mit den männlichen Kollegen mitzuhalten, macht sie seit kurzem Krafttraining in einem Fitnessstudio. Denn durch Leistung kommt die Anerkennung, davon ist Frick überzeugt. „Wenn man etwas kann, dann wird man akzeptiert, auch auf den Baustellen, da sehe ich als Frau keine Nachteile.“
Ausbildung in unterschiedlichen Teams
Die Lehrausbildung bei Dorfelektriker Mittelberger ist in einer eigenen Lehrwerkstätte, die seit 2022 in einem neuen Gebäude untergebracht ist, organisiert. „Unsere Lehrlinge werden in unterschiedlichen Teams mit zertifizierten Ausbildnern in den Bereichen Wohnen, Gewerbe, Smart-Home, Innovation und Bildung sowie Hausbau und Service qualifiziert“, erklärt Struger. Caroline Frick wird im Bereich Service ausgebildet, das ist jener Tätigkeitsbereich, in dem kleinere Arbeiten in Wohnungen oder Privathäusern anfallen.
Mit ihrem Ausbildungsbetrieb ist die zweifache Mutter jedenfalls mehr als zufrieden. „Wir haben eine familiäre Atmosphäre und ich kann mich mit jedem Anliegen an einen Ausbildner wenden, da erhalte ich jede Unterstützung, die ich brauche. Auch im Hinblick auf die Kinderbetreuung kommt mir das Unternehmen jederzeit entgegen.“ Und für Frauen, die sich für eine handwerklich-technische Ausbildung interessieren, hat Frick eine klare Botschaft. „Einfach trauen. Die Vorurteile verfliegen schnell und es kommt meistens anders als man denkt. Ich habe bisher nur positive Erfahrungen mit meiner Lehre gemacht und werde als Frau gleichbehandelt wie jeder andere.“
Weiter Informationen zum AMS-Programm "Frauen in Handwerk und Technik (FiT)".
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Der AMS Berufsinfomat beantwortet Fragen rund um das Thema Berufe, Aus- und Weiterbildung. Er nutzt fortschrittliche KI-Technologie zur Formulierung dynamischer Antworten. Probieren Sie es aus!
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