Papa ist zu Hause
Kinderbetreuung ist in Österreich weiterhin Frauensache. Trotz politischer Anreize wird die Elternkarenz von deutlich weniger Männern als Frauen genutzt.
Laut des Wiedereinstiegsmonitoring der Arbeiterkammer gehen bei acht von zehn Paaren Männer weder in Elternkarenz noch beziehen sie Kinderbetreuungsgeld. So haben im September 2022 fast 100.000 Frauen in Österreich Kinderbetreuungsgeld bezogen, jedoch nur 5.085 Männer. Nur zwei Prozent der Väter unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit für drei bis sechs Monate, lediglich ein Prozent länger als ein halbes Jahr.
Unterschiede zwischen den Bundesländern
Zudem zeigen sich Unterschiede zwischen den Bundesländern. So beträgt der Anteil an Männern, die mindestens zwei Monate Kinderbetreuungsgeld beziehen, in Wien 23,4 Prozent, in Vorarlberg sind es 10,9 Prozent, das Schlusslicht bildet das Burgenland mit 8,1 Prozent. Wie die Zahlen zeigen, sind alternative Rollenverteilungen noch wenig etabliert, obwohl sie dazu beitragen, Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern ausgeglichen zu gestalten. So können Frauen vermehrt in Vollzeit arbeiten, ihre Einkommenssituation verbessern und die Chance auf eine Absicherung im Alter erhöhen. Männer wiederum haben mehr Anteil am Familienleben und können die Bindungen zu ihren Kindern stärken.
Doch warum hat sich trotz zahlreicher Bemühungen in den letzten Jahren nichts Wesentliches verändert? Die Gründe sind unterschiedlich. Laut Expertinnen und Experten aus Theorie und Praxis sind es vor allem vier Punkte, warum die Einbindung von Vätern in die Kinderbetreuung schwerfällt und somit zu einem Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern am Arbeitsmarkt führt: Die gesamtgesellschaftliche Wertehaltung, fehlende Kinderbetreuung nach der Karenz, der Gender Pay Gap und gesetzliche Regelungen.
Väterkarenz im AMS Vorarlberg
Ulrich Patak ist Jurist im AMS Vorarlberg. Einer von vielen unselbstständig beschäftigen Männern im Ländle, jedoch einer von wenigen, der für die Kinderbetreuung Väterkarenz in Anspruch genommen hat. „Durch mein Wissen in Arbeits- und Sozialversicherungsrecht war mir die Väterkarenz und die Möglichkeit, Kinderbetreuungsgeld zu beziehen, bekannt“, erzählt der 44-Jährige, „und so habe ich mit meiner Lebensgefährtin entschieden, dass wir uns die Kinderbetreuung zumindest für eine bestimmte Zeit aufteilen.“
Eine Entscheidung, die er bis heute nicht bereut. „Ich wollte mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen, den Familienalltag besser kennenlernen und meine Frau entlasten“, erzählt Patak. Erst durch die aktive Teilhabe an der Kinderbetreuung sei ihm bewusst geworden, wie viel Arbeit damit verbunden ist. „Es war eine schöne, aber ehrlich gesagt, auch eine anstrengende Zeit.“ Voraussetzung für die Nutzung der Väterkarenz waren die finanziellen Anreize, wie sich Patak erinnert. „Ich habe das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld erhalten, so war es finanziell möglich, die Väterkarenz in Anspruch zu nehmen.“ Die Väterkarenz ist im Gleichstellungsplan des AMS fest verankert und es gibt klare Bestrebungen, bei diesem Thema eine Vorreiterrolle einzunehmen. „Wir bringen die Väterkarenz über unsere Gleichstellungsbeauftragten immer wieder ins Bewusstsein der Mitarbeitenden“, erklärt Katharina Neuhofer, Personalleiterin und stellvertretende Landesgeschäftsführerin im AMS Vorarlberg.
Seit 2018 wurde im AMS Vorarlberg sieben Mal die Väterkarenz von jeweils zwei bis drei Monaten in Anspruch genommen. Die Väterkarenz sei aber nur ein kleiner Baustein, um eine gleiche Verteilung von Care-Arbeit auf die Geschlechter zu gewährleisten, wie Neuhofer weiß. „Der Rückgang der Väterkarenz in Österreich in den letzten Jahren zeigt deutlich, wie weit der Weg noch ist, um diese gleiche Verteilung zu erreichen.“ Neben der jeweils zweimonatigen Väterkarenz nutzte Patak bei beiden Kindern auch den Papamonat. Dieser ermöglicht Eltern, ihr Kind in den ersten vier Wochen nach der Geburt gemeinsam zu betreuen. „Eine Erfahrung, die für mich besonders wichtig war“, erinnert sich der Familienvater, „es waren Phasen der Beziehungspflege, sowohl zu den Kindern als auch zu meiner Frau.“
Und ist die Väterkarenz ein Modell, das weiterzuempfehlen ist? „Wenn es finanziell möglich ist, dann würde ich es jedem Vater raten, Väterkarenz oder den Papamonat, oder beides, in Anspruch zu nehmen. Es fördert das Familienleben und schafft neue Perspektiven.“
Gesetzliche Grundlagen
Grundsätzlich haben Väter ebenso Rechtsanspruch auf Elternkarenz wie Mütter. Unter bestimmten Voraussetzungen können sich Väter im Rahmen der Väterkarenz somit für eine bestimmte Zeit ganz dem Nachwuchs widmen. Die Eltern können selbst entscheiden, welcher Elternteil Karenz in Anspruch nimmt. Der Rechtsanspruch auf Karenz besteht somit für beide Elternteile. Auch eine Aufteilung der Karenzzeiten untereinander ist möglich. Ein Wechsel der Kinderbetreuung kann jedoch maximal zweimal erfolgen. Jeder Karenzabschnitt muss sich über eine Dauer von mindestens zwei Monaten erstrecken.
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Der AMS Berufsinfomat beantwortet Fragen rund um das Thema Berufe, Aus- und Weiterbildung. Er nutzt fortschrittliche KI-Technologie zur Formulierung dynamischer Antworten. Probieren Sie es aus!
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