Social Media-Recruiting für Unternehmen
Social Media-Recruiting gewinnt für Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Ein Interview mit Aleksandar Prelic, Berater bei bab Unternehmensberatung GmbH.
Aleksandar Prelic: Die Veränderungen am Arbeitsmarkt stellen Unternehmen vor große Herausforderungen. Dabei wird die Gewinnung von qualifizierten und motivierten Arbeitskräfte in fast allen Branchen zu einer Frage der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Oft kommen auf offenen Stellen kaum bis keine Bewerbungen. Woran liegt das? Ist es ausschließlich daran festzumachen, dass zu wenig passende Arbeitskräfte am Arbeitsmarkt vorhanden sind? Oder haben klassische Mittel der Personalsuche wie beispielsweise ein Stelleninserat in der Zeitung ausgedient?
In einer Gesellschaft, in der digitale Kommunikationsformen weite Teile unseres Zusammenlebens bestimmen, bieten soziale Plattformen auch für die Personalsuche interessante Möglichkeiten, zukünftige Mitarbeitende anzusprechen und das Unternehmen zu präsentieren. Unter dem Begriff des Social Media-Recruitings werden alle Aktivitäten im Rahmen des Personalmarketings zusammengefasst, bei denen Unternehmen soziale Netzwerke nutzen, wie beispielsweise LinkedIn, XING, Instagram, Facebook oder TikTok. Im folgenden Interview spricht Aleksandar Prelic, Berater bei der bab Unternehmensberatung GmbH, über die Bedeutung des Social Media-Recruiting und die Möglichkeiten für die Personalsuche.
Welche Möglichkeiten bietet Social Media für die Personalsuche?
Prelic: Social Media ist in unserer modernen Kommunikation nicht mehr wegzudenken. Vor allem bei den jüngeren Generationen sind Instagram & Co fester Bestandteil der täglichen sozialen Beziehungen. Daher sind die Möglichkeiten für die Personalsuche enorm vielfältig. Abhängig vom jeweiligen sozialen Netzwerk können Unternehmen ihr Image als attraktiver Arbeitgeber positiv besetzen. Sie können zudem ihre Bekanntheit in der Region oder überregional erhöhen – sogar international, um potenzielle Arbeitskräfte aus dem Ausland zu erreichen.
Viele Personaler und Personalberater setzen außerdem das Active Sourcing ein, was übersetzt so viel heißt wie „aktive Beschaffung“ im Recruiting“. Diese Methode ist nicht neu. Allerdings hat sie durch die Digitalisierung – Stichwort Big Data – einen unglaublichen Schub erfahren. Hierbei werden gezielt geeignete Kandidaten über Recruiting-Software für eine offene Stelle gesucht, angesprochen und rekrutiert. Diese direkte Ansprache erfolgt über verschiedene Kanäle, beispielsweise über den eigenen Kandidatenpool, über Business-Netzwerke wie Xing und Linked In, auf Messen usw. Was bei Social Media auch wunderbar funktioniert, ist die Tatsache, dass sowohl potenzielle Bewerber*innen als auch bestehende Mitarbeiter*innen durch sinnstiftenden Employer Brand Content an das Unternehmen gebunden werden können.
Worauf ist beim Social Media-Recruiting zu achten, welche Herausforderungen stellen sich?
Prelic: Genau die Vielfältigkeit der Möglichkeiten bringt Herausforderungen mit sich. Welche Ziele in Bezug auf die Personalsuche soll ich denn als Unternehmen verfolgen? Wenn ich mit Kunden arbeite, dann steht diese Frage an erster Stelle und die Antwort ist gar nicht so leicht zu finden. Die meisten sagen dann: “naja, die passenden Leute finden“. Aber so einfach ist es dann doch nicht. Hier sollte man bestimmte Unterziele setzen, um zu den Leuten zu kommen. Nehmen wir das Beispiel: Ein mittlerer Technik-Betrieb in Vorarlberg hat das Problem, dass er zwar in der Region bekannt ist, jedoch über einen weniger guten Ruf verfügt. Diesem Betrieb hilft es sehr wenig Inserate zu schalten oder einigen kreativen Content zu posten. Die Leute werden nicht kommen. Besser ist es, das Geld in einen strategischer Social Media Plan zu investieren, wo das Image langfristig verbessert wird.
Oder: ein renommiertes Hotel am Arlberg findet keine Service-Leute, weil es eben keine in der Region gibt. Hierbei muss sich der Betrieb über eine überregionale und internationale Kandiat*innen-Ansprache Gedanken machen. Aber das Hotel ist als Arbeitgeber außerhalb ihrer Region überhaupt nicht bekannt. Also müssen alle Social-Media Anstrengungen daraufgesetzt werden, die Bekanntheit aufzubauen. Das kostet Zeit und Geld. Hier wären wir bei der nächsten Herausforderung. Es gibt zwei Fragen, die mir Kunden nach einem Workshop stellen: Zum einen, wer soll das machen und zum anderen, was kostet das. Denn, wer auch immer als „Social Media Beauftragte“ oder „Corporate Influencer“ in Frage kommt, benötigt Zeitressourcen, um die Maßnahmen umzusetzen. Dafür sollten kleinere bis mittlere Unternehmen mind. 10 Stunden in der Woche einkalkulieren. Zudem rate ich zu einem Employer Branding Budget, welches für verschiedene Werbemaßnahmen wie z. B. Videoproduktion oder Facebook Ads genutzt werden kann.
Ist Social Media-Recruiting für jedes Unternehmen geeignet?
Prelic: Die digitale Welt funktioniert oft anders als die reale Welt. Das merkt man spätestens, wenn der gewünschte Response z. B. auf einen Beitrag ausbleibt: Keine Likes, kaum Interaktionen oder Clicks. Es geht darum, das Unternehmen bzw. Personaler lernen müssen, digital zu denken. Was heißt das? Sie müssen eine Offenheit hinsichtlich dieser Tatsachen entwickeln: Erstens: Soziale Netzwerke geben jedem Menschen die Chance, sich als Individuum in Szene zu setzen. Sie möchten als Einzelpersonen dementsprechend wahrgenommen werden. Wer das verstanden hat, kann viele Leute für sich gewinnen. Zweitens: Weg von der Einweg-Kommunikation hin zum Dialog. Das erfordert Zeit und ein Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen im Netz.
Drittens: Das digitale Setting erlaubt uns mittels Informationen unseren Erfolg zu messen. Viele Plattformen bieten hierfür gute Tools, um zu sehen, ob wir unsere Mittel richtig einsetzen. Viertens: Beim letzten und wichtigsten Punkt sollten sich Unternehmen darüber im Klaren sein, dass sie in ihrer Kommunikation transparent bleiben sollen. Sich attraktiv darstellen ist das eine, glaubwürdige Inhalte zu posten das andere. Lieber mal Ecken und Kanten zeigen, als ständig über seine vermeintlichen Erfolge zu prahlen. Wer für diese Punkte offen ist, für den macht Social Media Recruiting auf jeden Fall Sinn.
Ist es nötig, zuerst über Employer Branding nachzudenken bzw. die Marke zu schärfen, um als attraktiver Arbeitgeber mehr Aufmerksamkeit zu generieren?
Prelic: Sinnvoll ist es in jedem Fall. Zumindest sollte der Betrieb in groben Zügen wissen, wofür er steht, welche Werte er vertritt und was genau ihn attraktiv macht. Er muss eine aussagekräftige Differenzierung am Arbeitsmarkt schaffen. Alle Social-Media-Aktivitäten sollten auf diesem Fundament aufbauen. Die AG-Marke liefert dann den passenden Content für die passenden Kandidat*innen. Nur wer sich mit dem Unternehmen identifiziert, wird sich mit Motivation bewerben.
Ist LinkedIn immer noch die beste Plattform für die Personalsuche?
Prelic: In meinen Beratungen ist die zweite entscheidende Frage, wer die Zielgruppe ist. Abhängig davon kann sich das Unternehmen dann den geeigneten Kanal aussuchen. Linked In sowie Xing sind sog. Karriere-Netzwerke, auf welchen z. B. das Active Sourcing gut funktioniert oder Stellenanzeigen geschalten werden können. Im Unterschied dazu kann es auch sinnvoll sein, auf den privaten Netzwerken wie Instagram oder Tik Tok für die jüngeren aktiv zu werden.
Gilt, je kreativer, desto besser?
Prelic: Ja, natürlich geht es um Kreativität. Sinnlose Inhalte, die zwar lustig und aufregend sind, aber nicht zur Zielgruppe passen, verfehlen das gewünschte Ziel. Dennoch: Nicht umsonst arbeiten sehr viele Kreative in dieser Sparte und der Anspruch, Beiträge kreativ zu gestalten, ist sehr hoch. Denn nur mit kreativem Content macht man auf sich aufmerksam. Deswegen funktionieren Filme so gut und brennen sich in unser Gedächtnis ein. Wir sprechen noch Jahre danach, was wir großartig daran fanden. So ähnlich funktioniert der Content auf Social Media. Nichts ist besser als eine gut erzählte Geschichte.
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Der AMS Berufsinfomat beantwortet Fragen rund um das Thema Berufe, Aus- und Weiterbildung. Er nutzt fortschrittliche KI-Technologie zur Formulierung dynamischer Antworten. Probieren Sie es aus!
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