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Ausbildnerteam mit Coaching
Arbeitswelt gestalten

Coaching für Lehrlinge und Ausbildende

In der Lehrwerkstätte Bludenz bildet die ÖBB Jugendliche in verschiedenen Lehrberufen aus. Um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden, nutzt das Unternehmen für seine Lehrlinge und Ausbildende das Coachingangebot "Lehre statt Leere."

Mit der Lehre beginnt für viele junge Menschen ein neuer Lebensabschnitt, der nicht nur von Freude und Neugier, sondern auch von Unsicherheit und Befürchtungen gekennzeichnet ist. So sind es neben der beruflichen Entwicklung vor allem psychosoziale Probleme, die in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. In der ÖBB-Lehrwerkstätte in Bludenz, in der aktuell 101 Jugendliche in fünf Lehrberufen ihre Ausbildung absolvieren, zeigt sich wie in einem Brennglas das weite Spektrum an Herausforderungen, denen sich Betrieb und Jugendliche gegenübersehen.

„Seit rund 20 Jahren bemerke ich eine starke Veränderung in vielen Bereichen“, erzählt Gerhard Tschann, Standortleiter in der ÖBB-Lehrwerkstätte Bludenz, „früher haben wir ganz automatisch ausreichend Bewerbungen bekommen, heute brauchen wir einen fast einjährigen Recruiting-Prozess, bis wir alle Lehrplätze besetzen können.“

Kulturen, die verloren gehen

Das ist zum einen auf den demografischen Wandel zurückzuführen, zum anderen auf die betriebliche Konkurrenzsituation im Land. „In erster Linie bilden wir Lehrlinge für das Unternehmen ÖBB in 25 verschieden Lehrberufen aus. Als staatliches Unternehmen sehe ich aber auch den öffentlichen Auftrag, den wir haben, Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen. Wenn sie sich dann nach der Lehre nicht für die ÖBB, sondern für ein anderes Unternehmen entscheiden, ist das für uns auch in Ordnung, da es der gesamten Wirtschaft zugutekommt“, erklärt Tschann, der selbst bei der ÖBB seine Lehre als Maschinenschlosser absolvierte.

Standortleiter Gerhard Tschann, Ausbildnerin Johanna Brunnhofer, Coachin Carolin Büchel, Ausbildner Johannes Saler in der ÖBB-Lehrwerkstätte in Bludenz (v.l.n.r.).

Als Ausbildner mit jahrzehntelanger Erfahrung sieht er das Heranwachsen der jungen Generation mit Skepsis. „Grundsätzlich sind die jungen Menschen nicht schlechter als früher, nur unselbstständiger“, so der Standortleiter, „und auch die Probleme, die nicht direkt mit dem Beruf zu tun haben, nehmen zu. Hier beobachte ich, dass die Jugendlichen weniger teamfähig sind, sich schwertun, Konflikte zu lösen und nicht wissen, wie sie mit ihren Aggressionen umgehen sollen. Das hat auch viel mit der Erziehung zu tun, mit den Werten, die zuhause vermittelt werden. Das sind Kulturen, die verloren gegangen sind.“ Die pädagogischen Versäumnisse führen gerade im psychosozialen Bereich zu Herausforderungen, mit denen Ausbildnerinnen und Ausbildner oftmals überfordert sind. Das führt zu Spannungen und Überbelastungen, auf die das Unternehmen reagiert hat.

Biografien der Jugendlichen ansehen

Seit rund einem Jahr arbeitet Carolin Büchel als Coachin über das Projekt „Lehre statt Leere“, einer Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft, in der ÖBB-Lehrwerkstatt in Bludenz. Für die ausgebildete Psychologin und diplomierte Lehrerin sind es vor allem der Missbrauch von Substanzen und bestimmte Verhaltensweisen, die eine Ausbildung erschweren. „Drogen und das Zocken im Internet sind die schwerwiegendsten Probleme, die ich beobachte.“ Nach Einschätzung der Expertin ist rund ein Drittel der Lehrlinge von Spielsucht betroffen.

„Wichtig ist, sich die Biografien der Jugendlichen anzusehen. Oft handelt es sich um Scheidungskinder oder sie haben Eltern, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht um sie kümmern. Wenn sie keinen sicheren Heimathafen haben, führt das auf Dauer zu vielfältigen Problemen.“ Um die Jugendlichen in ihrer Entwicklung zu unterstützen, setzt die Psychologin auf erprobte Methoden. In Einzel- und Gruppengesprächen werden die Probleme erörtert und spezifische Ziele gemeinsam definiert. „Oft brauchen die jungen Menschen einfach nur jemanden, mit dem sie reden können. Dann bin ich auch Klagemauer, an der man sich vieles von der Seele reden kann.“

Neben dem emphatischen Zugang braucht es jedoch auch klare Ansagen, damit sich die Jugendlichen orientieren können. „Nur mit Streicheleinheiten kommt man nicht weit, es braucht auch ein Nein und Grenzen, die gesetzt werden“, so Büchel. Weiterer Baustein der Beratung ist der Umgang mit den sozialen Medien. „Ich mache dazu einen eigenen Workshop, da ich diesen Bereich als so wichtig erachte“, und Gerhard Tschann ergänzt, „der Kopf ist schon so voll mit den ganzen Informationen, die sie über die sozialen Medien erhalten, dass kaum noch Platz bleibt für die Lerninhalte der Ausbildung.“

Den Ausbildenden den Rücken freihalten

Neben der Beratung für die Lehrlinge stehen auch die Ausbildnerinnen und Ausbildner im Fokus. Einmal die Woche trifft man sich, um den Arbeitsalltag zu reflektieren. „Ich habe es mit 15- und 16-Jährigen zu tun, die gerade in der Pubertät sind. Deren persönliche Probleme übersteigen oft meine Kompetenzen. Da bin ich froh, mit Carolin eine professionelle Unterstützung zu haben“, erzählt Johannes Saler, Ausbildner im Bereich Maschinenbautechnik.

In die gleiche Kerbe schlägt Johanna Brunnhofer. Die 29-Jährige ist seit sieben Jahren Ausbildnerin im Bereich Elektrotechnik und Mechatronik für das erste Lehrjahr. „Das Coaching ist eine sehr gute Ergänzung. Die Jugendlichen kommen mit allen möglichen Problemen zur mir, ob Liebeskummer, private Schwierigkeiten oder Probleme untereinander. Auch kulturell bedingte Konflikte oder sexistische Äußerungen gegenüber den weiblichen Lehrlingen kommen vor. Ich hatte versucht, viel mit den Lehrlingen zu reden, aber irgendwann stößt man an seine Grenzen.“

Den positiven Nutzen des Coachings kann Standortleiter Gerhard Tschann nur bestätigen. „Die Ausbildnerinnen und Ausbildner brauchen jemanden, der ihnen den Rücken freihält. So fällt viel Druck von ihnen ab und sie können sich auf ihre eigentliche Aufgabe, die fachliche Ausbildung, konzentrieren. Mit der Arbeit von Carolin ist die Zufriedenheit und Motivation der Ausbildnerinnen und Ausbildner gestiegen, was sich auch positiv auf die Lehrlinge auswirkt. Mein Fazit, Carolin geben wir nicht mehr her.“

Weitere Informationen zum Projekt "Lehre statt Leere"

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