Fachkräfte bei der sozialen Integration unterstützen
Expats sind Personen, die ohne Einbürgerung in einem fremden Land leben. Meist handelt es sich dabei um qualifizierte Arbeitskräfte, die bei einem internationalen Unternehmen oder einer Organisation mit internationaler Ausrichtung beschäftigt sind. Seit März 2023 gibt es mit dem Expat Service Vorarlberg einen Verein, der diese Menschen bei der Integration unterstützt. Die meisten Expats in Vorarlberg kommen aus dem europäischen Raum, aus Deutschland, Serbien oder Italien, aber auch aus weit entfernten Ländern wie Iran und Indien oder aus Regionen Lateinamerikas.
Rund 80 Prozent der Expats sind verheiratet oder leben in einer Partnerschaft, 45 Prozent haben Kinder. Beschäftigt sind sie vor allem in der Industrie als Informatiker, Industriedesignerinnen oder Ingenieure. Der Verein Expat Service Vorarlberg wird unterstützt von der Industriellenvereinigung, der Wirtschaftskammer sowie heimischen Unternehmen, die im Vorstand vertreten sind. Welche Dienstleistungen im Expat Service Vorarlberg angeboten werden und wie sich die Situation der ausländischen Fachkräfte in Vorarlberg gestaltet, erzählt die Geschäftsführerin des Vereins Claudia Neumayr, selbst ehemalige Expat, im Interview.
Expat Service Vorarlberg, was ist das?
Claudia Neumayr: Der Expat Service Vorarlberg ist ein Service für ausländische Fachkräfte, die nach Vorarlberg kommen und sich hier einleben möchten. Wir unterstützen Menschen bei der sozialen Integration und den bürokratischen Herausforderungen. So helfen wir beispielsweise bei der Wohnungssuche, stellen Informationen zu den Lebensbedingungen in Vorarlberger zu Verfügung oder beantworten Fragen zu Kinderbetreuung und Schulsystem. Dabei bieten wir unsere Dienstleistungen nicht nur den Beschäftigten an, sondern richten uns auch ganz bewusst an Partner und Kinder der Expats. Wir haben sozusagen die ganze Familie im Blick, denn die Zufriedenheit der Expats hängt auch vom Wohl der Menschen ab, die einem am nächsten stehen.
Warum wurde der Expat Service Vorarlberg gegründet?
Neumayr: Auch in Vorarlberg herrscht Fachkräftemangel und es tobt ein Wettbewerb um die besten Köpfe. Deshalb gilt, Vorarlberg für ausländische Arbeitskräfte attraktiv zu machen und sie bei der Eingliederung in die Gesellschaft zu unterstützen. Unser vorrangiges Ziel ist es, Expats über einen längeren Zeitraum in Vorarlberg zu halten und somit dazu beizutragen, den Arbeitskräftemangel zu entschärfen. Wir wissen, dass viele Expats bereits frühzeitig Vorarlberg wieder den Rücken kehren. Eine aktuelle Umfrage des Beratungsunternehmens XiPat und der Industriellenvereinigung zeigt, dass rund vierzig Prozent der Expats bereits innerhalb der ersten zwei Jahre das Land wieder verlassen.
Die meisten sind zwar mit ihrer beruflichen Tätigkeit zufrieden, haben aber Schwierigkeiten, Freunde zu finden und sich sozial zu integrieren. Sie machen die Erfahrung, dass sich Vorarlberger gerne in geschlossenen Gruppen zusammenfinden, die für Außenstehende nur schwer zugänglich sind. Zudem fehlt in vielen Bereichen die internationale Ausrichtung. Wesentliche Informationen im öffentlichen und behördlichen Bereich sind meist nur in deutscher Sprache erhältlich, das ist für die meisten eine große Hürde. Natürlich unterstützen die Arbeitgeber wo sie können, die Ressourcen sind aber begrenzt und Familienmitglieder bleiben da oft außen vor. Daher organisieren wir spezielle Meetings wie ein gemeinsames Frühstück für Partner und Partnerinnen der Expats, um sich kennenzulernen und sich über die persönlichen Berufsmöglichkeiten auszutauschen.
Welche Hindernisse gibt es bei der Gewinnung von ausländischen Fachkräften?
Neumayr: Das größte Hindernis ist sicher die fehlende Internationalisierung des Arbeitsmarktes. Wir haben beispielsweise bei der Ausstellung der Rot-Weiß-Rot-Karte die besondere Situation, dass es für manche Beschäftigte keine Voraussetzung ist, Deutsch zu sprechen, im Falle eines Familiennachzuges der Partner, die Partnerin jedoch Deutschkenntnisse auf zumindest A1-Niveau vorweisen muss, das gilt auch für Kinder über 14 Jahren. Zudem sind manche Unternehmen von den hohen bürokratischen Anforderungen eingeschüchtert, die eine Einstellung eines ausländischen Mitarbeitenden mit sich bringen. Hinzu kommt, dass das Bildungssystem nicht auf die Bedürfnisse und Wünsche der Expats ausgerichtet ist.
Mit der Eröffnung der International School Riedenburg in Bregenz, die erste Schule mit internationaler Ausrichtung in Vorarlberg, wurde ein wichtiger Schritt gesetzt, um den Standort für ausländische Fachkräfte attraktiver zu machen. Gerade das Thema Schulbildung ist ein wichtiger Faktor bei der Auswahl des Arbeitsortes, aber auch das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen ist ein wesentliches Kriterium bei der Entscheidungsfindung. Da haben wir in Vorarlberg nachweislich ein Problem, da es auch für Einheimische oft eine große Herausforderung darstellt, eine geeignete Kinderbetreuung zu finden, um Familien und Beruf zu vereinbaren.
Welche kurzfristigen Ziele verfolgt der Expat Service Vorarlberg?
Neumayr: Wir wollen bis Herbst dieses Jahres ein Netzwerk mit unterschiedlichen Partner aufbauen, die uns bei unseren Anliegen unterstützen. Dazu zählen Unternehmen, Organisationen aber auch Privatpersonen. Derzeit sind neun Betrieben aus Vorarlberg bei uns Mitglied, meist aus der Industrie, beispielsweise Doppelmayr, Blum oder den Alpla Werken. In absehbarer Zeit möchten wir diese Zusammenarbeit auf zwanzig Unternehmen ausweiten. Hier ist es uns wichtig, dass der Austausch zwischen den Betrieben besser wird. Dazu organisieren wir regelmäßige Treffen und erweitern unser Leistungsangebot.
Für die Expats sollen Stammtische und Sprechstunden stattfinden, unsere Webseite ist im Aufbau und wir arbeiten an unserem Social Media-Auftritt. Ein besonderes Anliegen ist uns die Gewinnung von sogenannten Buddies, also Personen, die unsere Expats auf ihrem Weg in die Gesellschaft begleiten. Das können Menschen sein, die Interesse an einem kulturellen Austausch haben, ihre Sprachkenntnisse verbessern oder sich ganz einfach für eine gute Sache engagieren möchten. Aber auch Personen, die eine Wohnung zu vermitteln haben, sind herzlich willkommen. Hier bauen wir gerade eine Datenbank auf, um die Menschen bei der Wohnungssuche bestmöglich zu unterstützen.
Warum ist Vorarlberg für ausländische Fachkräfte attraktiv?
Neumayr: Das ist eine Sache, die individuell unterschiedlich beurteilt wird. Was ich allgemein sagen kann, ist, dass die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten in Vorarlberg sehr gut sind, wir sind umgeben von einer wunderbaren Natur und die Lebensqualität sucht ihresgleichen. Wir haben eine gute Mischung aus ländlichem Raum und städtischen Strukturen, nicht ganz Pampa aber auch nicht zu urban. Was viele Expats schätzen, ist das tolle Gesundheitssystem sowie die sicheren Lebensbedingungen.
Zur Person
Claudia Neumayr studierte International Affairs und Governance in St. Gallen/Schweiz und International Business in Paris/Frankreich. Sie arbeitete zwei Jahre in Peking/China in einer US-amerikanischen Spedition, lebte mit ihrem Mann anschließend vier Jahre in Oslo/Norwegen. Zuletzt war sie drei Jahre im Landes-Rechnungshof in Vorarlberg beschäftigt. Seit März 2023 ist sie Geschäftsführerin des Vereins Expat Service Vorarlberg. Sie spricht fünf Sprachen und ist Mutter von drei Kindern.
Weitere Infos zum Expat Service Vorarlberg
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