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Inklusion - Mehr als nur ein Schlagwort

Bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitenden wird das Potenzial von Menschen mit Beeinträchtigungen oft nicht wahrgenommen. Ein Interview mit Stefan Knall, Key-Account-Manager bei NEBA Betriebsservice.

Der Inklusionsgedanke ist in der Wirtschaft noch zu wenig verankert, sodass die Vorteile der Einstellung einer beeinträchtigen Person kaum erkannt werden. Bestimmend sind weiterhin die Hindernisse und Vorurteile. Diese reichen von geringerer Leistungsfähigkeit über besonderen Betreuungsaufwand bis hin zum erhöhten Kündigungsschutz. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass vieles an Sorge unbegründet ist.

So schildert Wolfgang Kowatsch, Co-Founder der Unternehmensberatung myAbility und Mitglied der Arbeitsgruppe „Rat für Neue Arbeitswelten“ von Arbeitsminister Martin Kocher in einem Interview auf kurier.at: „In meinem Unternehmen haben 40 Prozent der Belegschaft eine Behinderung. Was Krankenstände betrifft, sehe ich keinen Unterschied.“ Und zum Thema Betreuungsaufwand meint er: „Es gibt so viele unterschiedliche Menschen, manche haben führungsintensivere Persönlichkeiten als andere. Eine Behinderung spielt hier aus meiner Sicht keine Rolle. Fakt ist, dass sich Unternehmen vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft mit dem Thema ohnehin auseinandersetzen müssen.“

Als Behinderung wird die Auswirkung einer körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder einer Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen bezeichnet, welche die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschwert. Die Einschränkungen reichen von Diabetes-Erkrankungen über die Nutzung eines Rollstuhls bis hin zu starken Einschränkungen kognitiver Leistungsfähigkeit. Die Bereitschaft, Menschen mit Beeinträchtigungen einzustellen, zeigt sich auch an den Zahlen zur Beschäftigungspflicht. Rund 80 Prozent der Unternehmen in Vorarlberg haben durchaus noch Potenzial, Personen mit Beeinträchtigung einzustellen. Um für Aufklärung zu sorgen, berät das NEBA Betriebsservice Vorarlberg die Betriebe über die Möglichkeiten der Beschäftigung von Menschen mit Beeinträchtigungen und welcher Nutzen daraus erzielt werden kann. Das Team besteht aus drei Mitarbeitenden. Im Interview stand uns zu diesem gesellschaftspolitisch relevanten Thema Stefan Knall, Key-Account-Manager bei NEBA Betriebsservice, Rede und Antwort.

Was sind die Aufgaben des NEBA Betriebsservice?

Stefan Knall: Unsere Hauptaufgabe besteht darin, die Unternehmen bezüglich der Themen Arbeit und Behinderung sowie betriebliche Eingliederung zu sensibilisieren. Inklusion ist dabei mehr als nur ein Schlagwort, das gesellschaftliche Teilhabe verspricht. Menschen mit Beeinträchtigungen zählen auch zum Arbeitskräftepotenzial, das wird oft ausgeblendet. Wir gehen daher aktiv auf Unternehmen zu, stellen unsere Serviceangebote vor und können im besten Falle Unternehmen davon überzeugen, uns offene Stellen zur Ausschreibung zu übermitteln oder bei bestehenden Mitarbeitenden eine Arbeitsplatzsicherung zu erreichen.

Stefan Knall, Key-Account-Manager bei NEBA Betriebsservice

Was bringen Menschen mit Beeinträchtigungen den Unternehmen?

Knall: Das hängt natürlich von der Person ab. Aber grundsätzlich kann man sagen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen über Qualitäten verfügen, die auf das soziale Umfeld im Unternehmen positiv einwirken. Vielleicht verfügen sie nicht über das gleiche Leistungsvermögen wie andere, dafür bringen sie Gelassenheit und Offenheit mit und sorgen für gute Stimmung im Team. Der Zugang zur Arbeit ist bei Menschen mit Beeinträchtigung ein ganz anderer. So erzählte mir kürzlich eine Marktmanagerin einer großen Handelskette über ihre Erfahrungen mit einer beeinträchtigen Person und meinte, sie bringe zwar nicht die gleiche Arbeitsleistung wie ihre Kollegen und Kolleginnen, mache dies aber wett durch ihre Unvoreingenommenheit, ihren respektvollen Umgang mit den Menschen und der Tatsache, dass sie alle gleichbehandle. Das sind Qualitäten, die in unserem hektischen Arbeitsalltag oft zu kurz kommen.  

Wie setzt sich das Klientel zusammen?

Knall: Derzeit haben wir in Vorarlberg 2.470 Personen mit einem Behindertengrad ab 30 Prozent und 642 Personen mit Begünstigungsstatus, also einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent, die der beruflichen Vermittlung zur Verfügung stehen. Unter Beeinträchtigung stellen sich die Menschen oft etwas Anderes vor, als sie tatsächlich ist. Zu einer Behinderung zählen beispielsweise auch Diabetes oder Morbus Chron, eine entzündliche Darmkrankheit, also gesundheitliche Einschränkungen, die oft nicht sichtbar sind. Derzeit haben wir rund 30 offene Stellen von Betrieben in unserem Vermittlungsangebot. Dabei ist es wichtig, die zur Verfügung stehenden Stellen auf die Fähigkeiten von Personen mit Beeinträchtigungen anzupassen. Eine klassische Vermittlung gibt es hier üblicherweise nicht.

Welche Hindernisse oder Vorurteile gibt es bei der Einstellung von Personen mit Beeinträchtigungen?

Knall: Haben Unternehmen schlechte Erfahrungen mit beeinträchtigten Menschen gemacht, dann sind sie natürlich skeptisch und nicht gleich bereit, eine behinderte Person einzustellen. Daraus bilden sich nicht selten negative Pauschalurteile, die den Menschen nicht gerecht werden und den Einstellungsprozess erschweren. In solchen Fällen versuchen wir mit den Verantwortlichen im Unternehmen herauszufinden, was damals schiefgelaufen ist und was heute besser gemacht werden kann. Von der Sensibilisierung über die Beratung bis zur Einstellung kann schon ein Jahr vergehen, das sind oft lange Prozesse, hier muss Vertrauen aufgebaut werden, sowohl bei den Personalverantwortlichen als auch bei den Mitarbeitenden. Unbeholfenheit und Scham im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen können die betriebliche Integration ebenfalls erschweren. Oft sind es auch Argumente, die auf die eingeschränkte Leistungsfähigkeit abzielen oder dass es eine Aufsichtsperson brauche, die sich rund um die Uhr um die beeinträchtigte Person zu kümmern habe. Hinzu kommt der erhöhte Kündigungsschutz, der Unternehmen zurückschrecken lässt. Obwohl dieser erst vier Jahre nach Beginn des Arbeitsverhältnisses zum Tragen kommt, ist das Gefühl vorhanden, die Person bei Nichteignung nicht mehr loszuwerden oder betriebliche Entwicklungen dies erfordern. Auch längere oder häufigere Krankenstände sind durchaus ein Thema, das die betriebliche Praxis belasten kann. Gewisse Vorbehalten sind durchaus begründet und nicht bloß Vorurteile, jedoch sollten sich Unternehmen bewusst sein, dass ein kategorischer Ausschluss von Menschen mit Beeinträchtigungen aus dem Erwerbsleben das Arbeitskräftepotenzial verringert und ihnen die Chance raubt, positive soziale wie ökonomische Erfahrungen durch Diversität im Unternehmen zu machen.

Welche Angebote vom Betriebsservice werden von den Unternehmen am meisten genutzt?

Knall: Dazu zählt sicher das Angebot „inclusive job design“. Hier schauen wir, wie wir Fachkräfte im Unternehmen entlasten, beispielsweise hinsichtlich Routinetätigkeiten, die Personen mit Behinderung auch übernehmen können. Gemeinsam mit den Unternehmen analysieren wir die Arbeitsplätze, um herauszufinden, welcher Unterstützungsbedarf bei den jeweiligen Fachkräften vorhanden ist und ob sich daraus eine neue Stelle für eine Person mit Beeinträchtigung schaffen lässt. Dabei handelt es sich vorrangig um niederschwellige Tätigkeiten, vor allem in der Verwaltung, im Handel oder in der Produktion. Um die Unternehmen mit dem Thema Inklusion vertrauter zu machen, haben wir einen Sensibilisierungsworkshop entwickelt. Dieser beinhaltet vor allem praktische Elemente. So erzählen Menschen mit Beeinträchtigungen aus ihrem Lebensalltag und referieren über ihre beruflichen Erfahrungen. Zudem gibt es die Möglichkeit für Mitarbeitende, sich durch Rollenspiele in die Lage einer beeinträchtigen Person hineinzuversetzen, beispielsweise eine bestimmte Zeit in einem Rollstuhl zu verbringen oder zu versuchen, sich mit Blindenstock und Augenbinde in der Umwelt zurechtzufinden.  

Weitere Informationen und Kontaktdaten finden Sie auf der Homepage www.betriebsservice-vlbg.at finden.

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